In Neusohl begann der Aufstieg des Montankonzerns der Fugger
Am Kupfererz aus Neusohl gewannen die Fugger ein riesiges Vermögen
Ein zeitgenössischer Spruch besagt: „Das goldene Augsburg ruht auf dem kupfernen Neusohl.“ Im Herzen der heutigen Mittelslowakei, in Banská Bystrica (Neusohl), begann 1494 mithilfe des Krakauer Bergbauingenieurs Johannes Thurzo der Aufstieg des Fugger’schen Kupferimperiums. Beim Abbau des silberhaltigen Kupfererzes brachten die Thurzo ihre Kontakte zum ungarischen Königshof, ihr technisches Wissen und eine innovative Seigertechnik ein. Die Fugger gaben das Kapital. Der Kupferhandel, den der Montankonzern der Fugger europaweit dominierte, ließ beide Familien reich werden. Von 1496 bis 1546 waren die Fugger führende Montanunternehmer in Neusohl, die Familie Thurzo war 1526 aus der Gesellschaft ausgeschieden.
Tipp
Das Thurzohaus, das nach den Geschäftspartnern der Fugger benannte Denkmal aus der Zeit der Fugger in Neusohl (Banská Bystrica), liegt am „Platz des Slowakischen Nationalaufstands“ (Námestie SNP). Dort gruppieren sich die meisten Sehenswürdigkeiten. Die Stadtburg, die gotische Kirche Maria Himmelfahrt und das Mathiashaus liegen am nordöstlichen Rand dieses Platzes. Wahrzeichen von Banská Bystrica ist der 1552 erbaute schiefe Uhrenturm.
Kupfer und Silber aus Neusohl war die Basis für den legendären Reichtum der Fugger und damit auch für ihre politische Bedeutung. Der Gesamtgewinn des Ungarischen Handels mit diesen Metallen zwischen 1496 und 1546 wird auf mehrere Millionen Gulden geschätzt – eine fast unvorstellbar hohe Summe. Rund 700 Tonnen Kupfer wurden produziert, die über Antwerpen und Amsterdam, aber auch über Venedig und Nürnberg verkauft wurden. 120 Tonnen des aus diesem Kupfer geseigerten Silbers wurden an die nahe Münzstätte in Kremnitz, aber auch nach Nürnberg und Venedig geliefert. Auf dem europäischen Markt besaß das Kupfer aus Oberungarn in den Jahren nach 1500 einen Marktanteil von fast 40 Prozent. Nur im Alpenraum – vor allem in den Fugger’schen Erzgruben in Schwaz und bei Kitzbühel – wurde eine noch etwas größere Menge gewonnen. Damit dominierte der Montankonzern der Fugger spätestens ab 1522 den schon seit der Zeit um 1500 boomenden Kupfermarkt. Immense Kredite für den ungarischen Königshof führten dazu, dass die Bergstädte und Schloss Altsohl 1505 zu Pfandbesitz der Fugger-Thurzo-Gesellschaft wurden.
In Neusohl erinnert das Thurzohaus an den Ungarischen Handel der Fugger
Im Jahr 1526 traten die Thurzo ihre Anteile am Ungarischen Handel zwar an die Fugger ab, die dann noch 20 Jahre lang den Erzabbau in den Bergen um Neusohl und die Seigerhütten bei Neusohl weiterbetrieben. Doch bis heute wird der Sitz der Faktorei der Fugger-Thurzo-Gesellschaft, des Ungarischen Handels, nach der Familie Thurzo benannt. Johannes Thurzo hatte diesen Renaissancebau mit der Sgraffitofassade 1495 für die Gesellschaft erworben. Das vierstöckige Thurzohaus beherbergt den sogenannten Grünen Saal: In seinem Tonnengewölbe sind Fresken zu sehen, die vermutlich um 1480 entstanden. Neben dem Wappen der ungarischen Könige aus dem Haus Anjou und Corvinus sind hier florale Motive, biblische Szenen und Abbildungen von Szenen aus Äsop’schen Fabeln zu erkennen. Auf den bei Neusohl betriebenen Bergbau weist die Darstellung des heiligen Daniel als biblischer Erzfinder und Schutzpatron der Bergleute hin, die einen Bergknappen mit Schlägel und Eisen sowie ein Mundloch – den Eingang zu einer Erzgrube – erkennen lässt. Im Freskenzyklus ist auch die Schutzpatronin der Bergleute, die heilige Barbara, abgebildet. Der ebenfalls abgebildete heilige Georg galt als der Beschützer des Rammelsbergs bei Goslar: An diesem Bergwerk war Thurzo seit 1478 beteiligt. Der gleichfalls dargestellte heilige Eustachius gilt als Schutzpatron der Forstleute und Nothelfer gegen die Zerstörung der Natur: Holz für die Stempel in den Stollen und für die Brennöfen der Schmelzhütten war für die Montanwirtschaft unerlässlich. Die Fresken im Grünen Saal zeigen also vier „Branchenheilige“ eines international operierenden Montanunternehmers.
Spuren der Fuggerfirma und des Bergbaus: das Laugingerhaus und barocke Bergknappen
Nach neueren Forschungen besaß die Fugger-Thurzo-Gesellschaft drei Häuser direkt am zentralen Marktplatz, um den sich der Ring mit den Häusern der Waldbürger – der Gewerken (Bergwerksbetreiber) in Neusohl – gruppierte. Das Thurzohaus war das sogenannte Mittlere Haus. Das Obere Haus wurde barock überbaut: Es ist bis heute nach der Familie der Augsburger Patrizierstochter Veronika Lauginger benannt, die 1479 Ulrich Fugger – den ältesten Bruder Jakob Fuggers „des Reichen“ – geheiratet hatte: Laugingerhaus (Laugingerov dom). Mindestens einer von Veronikas Brüdern, die für die Fugger arbeiteten, scheint also auch für die Montangesellschaft in Neusohl tätig geworden zu sein. Das Untere Haus wurde abgebrochen. An die Fugger erinnert zudem die Kirche des Elisabeth-Spitals in Neusohl. Mit Geld der Fugger wurde der kleine Sakralbau (er ist heute das Gotteshaus der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde) 1524 nach einem Brand wieder aufgebaut. Die Fugger übernahmen damals von den Thurzo das Patronatsrecht.
Einige Sgraffitofassaden in der Altstadt lassen den früheren Reichtum der Bergbaustadt noch heute erahnen. Diese für die Renaissance so typische Fassadengestaltung sowie eine offene Arkadenloge und das Eingangsportal im Stil Italiens sieht man am sogenannten Beniczkýhaus. 1660 ließ ein späterer Besitzer über dem Portal ein farbig gefasstes Relief mit seinem Wappen anbringen, das von zwei barock gekleideten Bergknappen gerahmt wird. Am nördlichen Stadtrand von Neusohl – im historischen Vorort Kupferhammer (Medený Hámor) – sind die Relikte eines Hammerwerks erhalten: Das Treibwasser für die wasserradgetriebenen Hämmer lieferte einst der Bach Bistritz, von dem sich der zweite Bestandteil des slowakischen Namens von Neusohl – Banská Bystrica – ableitet. Der erste Namensbestandteil verweist auf den Bergbau.
Text © Martin Kluger
Sehenswürdigkeiten, aktuelle Ausstellungen und Tipps
Banská Bystrica: Bergbau und Fugger erleben
Neusohl in Oberungarn (Banská Bystrica in der heutigen Slowakei) war ab 1496 das erste große Montanzentrum der Fugger. Ein mehrtägiges Programm führt in die Stadt, zu den Bergwerken in Herrengrund, zu einem Kupferhammer – und zu einem Denkmal der Kaiserin Elisabeth.
Die Ausstellung im Thurzohaus
Das Thurzohaus war der Sitz der Faktorei des Ungarischen Handels in Neusohl. Dort sind in den Fresken im Grünen Saal Darstellungen des heiligen Daniel, des Schutzpatrons der Bergleute, und der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, zu sehen.
Das Bergbaudorf Špania Dolina
Im Špania Dolina (deutsch: Herrengrund) lagen die Erzgruben der Fugger-Thurzo-Gesellschaft. Zur Montanwirtschaft informiert das Kupfermuseum, im Bergbaudorf findet man Knappenhäuser, einen Bergbaulehrpfad, die im 16. Jahrhundert erbaute Bergbauwasserleitung und den Klopfturm, von dem aus man die Knappen zur Arbeit rief.
Ein Film zu den Wegen des Kupfers
Ein Film informiert zu den weiten Wegen, die das Kupfer aus Neusohl auf den Handelsrouten der Fugger bis Ostindien nahm. Kupfer aus Neusohl wurde sogar in portugiesischen Schiffswracks vor der Küste Afrikas gefunden.
Kupfer aus Oberungarn für Indien – Schiffwracks vor Afrika
Kupfer aus Neusohl wurde durch die Ostsee und die Nordsee sowie über den Atlantik um Afrika bis nach Indien verschifft. In Antwerpen verkauften die Fugger Kupfer als Handelsware für Indien an die Portugiesen. Kupfer der Fugger wurde sogar in Schiffswracks vor afrikanischen Küsten gefunden.
Das Buch: „Die Fugger in der Slowakei“
Ein Buch des Historikers Peter Kalus – „Die Fugger in der Slowakei“ – erklärt den Stellenwert der slowakischen Bergstädte für den Ungarischen Handel und das Kupferimperium der Fugger. Kalus beschreibt auch die Rolle der Herrschaft Bibersburg und führt zu weiteren Denkmälern.