Bad Hindelang: Alpen der Fugger
und Spieße für den Kaiser
Ein Fuggerhaus, Kunst, vier Alpen: Eisen lockte die Fugger nach Bad Hindelang
Spätestens 1529 waren die Fugger im Allgäu vertreten, als sie Pferde auf einer Hindelanger Alpe sömmerten. Zuerst waren es aber wohl Versuche im Goldbergbau und die Verarbeitung von Eisenerz in wasserradgetriebenen Hammerschmieden an der Ostrach, die den Augsburger Montankonzern ins Gebiet der heutigen Marktgemeinde Bad Hindelang lockten. Vier Alpen der Fugger im Ostrachtal und im Retterschwangtal existieren noch, ein Fuggerhaus in Bad Hindelang und ein von den Fuggern geschenktes kostbares Marienbild Hans Holbeins d.Ä. in Bad Oberdorf erinnern an sie. Erzgruben belegen, dass der Ort der „Ruhrpott des Allgäus“ war, wo die Fugger tausende Spieße anfertigen ließen. Drei Hammerschmieden an der Ostrach sind einzigartige Denkmäler vorindustrieller Metallverarbeitung.
Tipp
Im Ostrachtal bauten schon die Römer das Eisenerz ab, das um 1500 auch die Fugger anlockte. Der immense Holzeinschlag für die Schmelzhütten ließ an den Berghängen um Hindelang lichte Weiden entstehen, was zur Ausweitung der Alpwirtschaft führte. 1549 ließen die Fugger in Hindelanger Hammerschmieden 6.980 eiserne Spieße für Kaiser Karl V. herstellen. Und sie sömmerten Pferde auf vier bis heute bestehenden Alpen – vier jener 46 Alpen von Bad Hindelang, die Immaterielles Kulturerbe in Bayern sind.
1529 kauften die Fugger Grund in Hindelang im Allgäu, weil sie ein Gestüt von Ungarn ins Ostrachtal verlegt hatten. 1549 finanzierten sie 6.980 eiserne Spieße, die in den Hammerschmieden an der Ostrach gefertigt und nach Innsbruck geliefert wurden. 1572 erwarben die Fugger neben dem Hindelanger Stutenhof auch Höfe und Grund im Retterschwangtal. 1648 kaufte der Fürstbischof von Augsburg den Stutenhof und ließ ihn umbauen. Direkt daneben ließ sich Sigismund Franz von Habsburg 1660 ein Jagdschloss errichten. Für die dortige Hauskapelle schenkten die Fugger dem Fürstbischof ein Marienbild des spätgotischen Augsburger Meisters Hans Holbein d.Ä. (1493). Dieses Gemälde geriet in Vergessenheit, erst 1935 wurde es wiederentdeckt. Es ist heute in der 1937/38 errichteten Kirche in Bad Oberdorf (Unserer Lieben Frau im Ostrachtal und St. Jodokus, täglich geöffnet) zu sehen.
Auf der Alpe Mitterhaus im Retterschwangtal sömmerten die Fugger edle Rösser
Eine Gedenktafel am ehemaligen Fuggerhaus (Marktstraße 24) erinnert daran, dass dieser Bau von 1575 bis 1646 im Besitz der Familie Fugger war. Eine Kassettendecke soll aus der Zeit der Fugger stammen. Markus Fugger (1529 – 1597), der älteste Sohn Anton Fuggers, schrieb 1584 das Buch „Von der Gestüterey“, ein frühes Standardwerk zu Pferdezucht und Reiterei. In Hindelang züchtete er Pferde. 1618 erwarb auch Maximilian Fugger (1587 – 1629), der Herr zu Boos (ab 1620 zu Babenhausen), im Retterschwangtal ein Gut. Maximilian war der Sohn Jakob Fuggers (1542 – 1598), des Herrn zu Babenhausen, Wellenburg und Boos, der ein Bruder des pferdebegeisterten Markus war. Maximilian Fugger besaß wohl auch den Hindelanger Stutenhof. Dieser war 1631 im Besitz von Franz Fugger (1607 – 1639), Herr zu Welden und ein Enkel Markus Fuggers. Bereits Franz Fugger versuchte allerdings, den gesamten Hindelanger Besitz zu verkaufen.
Die Augsburger Fugger und die Oberallgäuer Alpwirtschaft: Bergwiesen für kräftige Pferde
Doch zunächst kam 1643 auch noch die Alpe Mitterhaus an die Fugger, die sie dann jedoch schon 1646 mit dem restlichen Besitz in und um Hindelang veräußerten. Auch an dieser Alpe (der heutige Bau entstand 1677/78) erinnert eine Gedenktafel an die Fugger. Maximilians Bruder Hieronymus Fugger (1584 – 1633), der Herr zu Wellenburg und Rettenbach, erwarb 1619 auch die Laux-Alpe (Laux für: Lukas) auf dem Jochpass (wohl die heutige Gund-Alpe über Oberjoch) und die Alpe Hornbach in Hindelang. Auch die Alpe Stierengeratsgund war Fuggerbesitz.
Text © Martin Kluger
Sehenswürdigkeiten, aktuelle Ausstellungen und Tipps
Drei Hammerschmieden an der Ostrach
Drei wasserradgetriebene Hammerschmieden an der Ostrach stammen im Kern aus der Zeit um 1500. Mit mächtigen Hämmern wurden Waffen hergestellt. Heute kauft man hier schmiedeeiserne Bratpfannen.
In Bad Oberdorf – ein Kunstschatz der Fugger
Das kostbare Mariengemälde von Hans Holbein d.Ä. in der Bad Oberdorfer Kirche St. Jodokus schenkten die Fugger dem Bischof von Augsburg für die Hauskapelle in seinem Jagdschloss – das heutige Rathaus.
Suche nach dem Eisen: Bergbau im Erzberg
Die Erzbergalpe, ein Erzstollen und Abraumhalden erinnern an die Zeit des Eisenbergbaus. Weitere Erzgruben lagen unter anderem im Hintersteiner Tal sowie am Hirschberg, dem Hausberg vom Bad Hindelang.
Alpe Mitterhaus – Käse und eine Gedenktafel
Auf der Alpe Mitterhaus im Retterschwangtal sömmerten die Fugger edle Rösser. Die Gedenktafel an der Alpe erinnert daran. Die Sennalpe Mitterhaus bewirtet Wanderer mit dem dort hergestellten Bergkäse.
Alpe Engeratsgund: einst Fugger, heute Bewirtung
Der Engeratsgundsee gibt den hochalpinen Weiden der Alpe den Namen. Auf dieser Alpe, welche die Fugger an den Bischof von Augsburg verkauften, finden Wanderer heute auch einen Brotzeitbetrieb.
Alpe Gund – Brotzeit, wo die Fugger Pferde züchteten
Ab 1619 war die heutige Alpe Gund hoch über Oberjoch im Besitz der Augsburger Fugger, die dort Pferde züchteten. Heute werden die Besucher der Alpe dort mit Brotzeit bewirtet.